Wer oder was „nervt“ und wie reagieren wir mimisch?

Überlegungen zu einer erneuten Anfrage einer Redakteurin Kathrin Gemein von Raufeld Medien GmbH

Thema „Nervensägen“, die in den NRW-Funke-Tageszeitungen WAZ, NRZ, Westfalenpost, Westfälische Rundschau und Iserlohner Kreiszeitung

„Nerven“ oder „genervt“ sein sind Begriffe mit einem weiten Bedeutungsfeld und existieren in dieser Form nicht in der Emotionspsychologie. Es bedarf also einer Klärungen der zugrunde liegenden Bewertungsstruktur.

Was „nervt“ also? – Der repetitive Charakter

Zentral ist das beharrliche Wiederholen eines Verhaltens, eines Anliegens (oder mehrerer), das den Zielen des Genervten widerspricht. Das kann von einem Genervtsein mit einem Lächeln und der ansonsten positiven Wertschätzung des Nervenden  bis zum Ärger über eine ungeliebte Person reichen. Entsprechend wird der semantische Ausdruck auch gesteigert „das nervt kolossal“.

Ein tropfender Wasserhahn ist ein gutes Anschauungsbeispiel für den Prozess des Nervens.

Der Unterschied zum Ärger

Der Unterschied zum Ärger besteht darin, dass man dem Nervenden keine nachdrückliche Intention unterstellt, sondern das Verhalten als unvermeidlichen Teil seiner Person ansieht. Die Person ist halt so und kann nicht anders.  Bei positiver Wertschätzung kann man das Verhalten als lieb gewonnenen Tick verstehen. In anderen Fällen als lästige Störung.  Werden jedoch wesentliche Ziele der Zielperson nachhaltig gefährdet, kann es auch zu offenem Ärger kommen.

Die Mittelbarkeit der Zielbehinderung

Oft ist auch nicht unmittelbar ein Ziel der Person, die genervt ist, betroffen. Sondern das Anliegen des „Nervenden“ betrifft z.B. das Ziel in Ruhe gelassen zu werden oder sich anderen Dingen zu widmen.

In welche Emotionsfamilie fällt das „Genervtsein“

Die oben angedeuteten kognitiven Bewertungsprozesse passen zu der Emotionsfamilie der Verachtung (als Extrempol dieser Gruppe von Emotionen).

Auch deshalb, weil in dem „nervenden“ Verhalten eine Abweichung vom als ideal oder wenigstens als normal erachteten Verhalten gesehen wird. Diese Bewertungsstruktur passt ebenfalls zur Verachtung (Diskrepanz Real- und Idealbild).

Es kann aber auch sympathische Aspekte enthalten, wenn das Verhalten wie oben als Spleen oder typisch für diese ansonsten positiv geschätzte Person ist.

Soziales Signal des „Genervtsein“

Der soziale Appell an den Nervenden oder Dritte besteht so auch darin, diese Ideal- oder Normvorstellungen zu teilen und sein Verhalten entsprechend anzupassen.

Mimischer Ausdruck des Genervten

Die zugehörigen Mimiken sind vielfältig und beinhalten oft auch Kopf- und Augenbewegungen. Z.B. das Rollen der Augen oder auch eine ähnliche rollende Bewegung des Kopfes. Die Mimik ist in ein einseitiges Anheben oder Einziehen der Mundwinkel (AU12 oder AU14  oder beides) oder ein einseitiges Anheben der Oberlippe (AU10). Das Heben der Augenbrauen auf beiden Seiten oder typischerweise auf einer Seite zusammen mit den beschrieben Augen- und Kopfbewegungen sind ebenfalls häufig zu beobachten.

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.